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Cannabis-Gesetz und Krankenhaustransparenz-Gesetz passieren Bundesrat

Der Bundesrat hat am 22. März 2024 zwei wichtige Gesundheits-Gesetze auf den Weg gebracht: das Cannabisgesetz (CanG) und das Krankenhaustransparenzgesetz (KHTG). Damit haben beide Gesetze die letzte politische Hürde genommen und treten planmäßig in Kraft.

Mit dem Cannabisgesetz wird der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen zum Eigenkonsum sowie der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau zum Eigenkonsum in Anbauvereinigungen bzw. Genossenschaften für Erwachsene zum 1. April 2024 erlaubt. Gleichzeitig werden mit dem Gesetz der Gesundheitsschutz, der Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie die Prävention und Aufklärung gestärkt. Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum bleibt straffrei. Gleichzeitig gilt für Cannabis als auch Anbauvereinigungen ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot.

Mit der Entscheidung heute steht endlich der Gesundheitsschutz im Mittelpunkt unserer Drogenpolitik. Mit Verboten alleine kommen wir nicht weiter. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Stattdessen setzen wir auf Aufklärung, Reglementierung und Hilfsangebote. Das Cannabis-Gesetz ist kein Aufruf zum Kiffen. Damit schützen wir vielmehr diejenigen, die Konsumenten sind vor gestreckten Drogen und hohen Konzentration. Wir trocknen den Schwarzmarkt aus. Und wir sorgen dafür, dass unsere Kinder und Jugendlichen lernen: Cannabis ist Gehirngift. Ich danke den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder, dass sie ernsthaft und konstruktiv um eine Lösung gestritten haben. In einer Protokollerklärung haben wir zuletzt Unklarheiten bei der Auslegung des Gesetzes beseitigt.

Quelle: Bundesgesundheitsminister Zitat: Prof. Karl Lauterbach

Bundestag und Bundesrat billigten im Januar 2017 ein Gesetz (§ 31 Abs. 6 SGB V), das Ärzten erlaubt, chronisch Kranken getrocknete Cannabis-Extrakte auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu verschreiben. 

Die Mediziner dürfen damit eigenverantwortlich entscheiden, ob eine Cannabis-Therapie sinnvoll ist, auch wenn im Einzelfall noch andere Behandlungsoptionen bestehen. Der aufwändige Antrag beim Bundesinistitut für Arzneimittel und Medizinprodukte entfällt damit. Krankenkassen dürfen die Genehmigung einer Therapie nur in begründeten Ausnahmefällen verweigern. Das ist ein großer Schritt in eine richtige Richtung, sagt Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband im Gespräch mit tagesschau.de.

Vertrieben werden sollen die Cannabis-Produkte von Apotheken. Eine noch aufzubauende staatliche Cannabis-Agentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll sicherstellen, dass in standardisierter Qualität angebaut wird. Die Agentur soll den Cannabis dann kaufen und an Hersteller und Apotheken abgeben. Bis dahin soll auf Importe zurückgegriffen werden. Um die genaue medizinische Wirkung der Cannabis-Arzneimittel zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung vorgesehen.

Experten erwarten, dass die Zahl der Cannabis-Patienten erheblich steigen wird. Ich erwarte in den kommenden Jahre eine Million, prognostiziert Franjo Grotenhermen, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, im Gespräch mit tagesschau.de.

Seit 2011 durften zwar auch zugelassene Fertigarzneimittel auf Cannabis-Basis in Deutschland hergestellt und von Ärzten auf Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Patienten brauchten dazu aber eine Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, die sie zum Erwerb von Cannabis als Medikament in Apotheken berechtigte. Die Kosten mussten die Patienten in der Regel selbst tragen.

Die aktuelle Gesetzesänderung aus dem Jahr 2017 umfasst eine Änderung des Betäubungsmittel-Gesetzes, der Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung, der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Grundstoffüberwachungsgesetzes.

Im Einzelnen haben sich folgende Änderungen ergeben:

  • Cannabisblüten und Cannabisblütenextrakte in pharmazeutischer Qualität sind durch eine Einstufung in die Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes verschreibungsfähig geworden. Ein Antrag auf eine Ausnahmeerlaubnis bei der Bundesopiumstelle für die medizinische Verwendung von Cannabisblüten und Blütenextrakten aus der Apotheke, wie dies zuvor erforderlich war, entfällt.

  • Cannabisblüten und -extrakte können auf einem Betäubungsmittelrezept von jedem niedergelassenen Arzt für jede Indikation, bei der sich Arzt und Patient einen Behandlungserfolg versprechen, verschrieben werden. Allerdings müssen KV-Ärzte die Frage der Kostenübernahme durch die Krankenkasse klären, um nicht später einem möglichen Regress ausgesetzt zu sein. Eine Verschreibung auf einem Privatrezept ist jederzeit möglich. Tierärzte und Zahnärzte dürfen diese Präparate nicht verschreiben.

  • Als Höchstmenge zur Verschreibung in 30 Tagen wurden 100 Gramm bzw. 100 000 mg Cannabisblüten ohne Beschränkung auf eine bestimmte Sorte festgelegt. Es steht einem Arzt frei, mehrere Sorten gleichzeitig zu verschreiben. Bei einem höheren Bedarf kann die vorgegebenen Höchstmengen unter Verwendung des Ausnahmekennzeichens "A" überschritten werden.

  • Die Kosten für cannabisbasierte Medikamente wie Sativex®, Nabilon und Dronabinol sowie von Cannabisblüten und Cannabisextrakten sollen unter bestimmten Voraussetzungen von den Krankenkassen übernommen werden. Dazu muss vor der ersten Verschreibung eines cannabisbasierten Arzneimittels eine Genehmigung der Krankenkasse eingeholt werden, die seitens der Kasse nur in begründeten Fällen abgelehnt werden darf. Die Entscheidung muss innerhalb von 3 Wochen nach Antragseingang erfolgen, wenn die Kasse einen Gutachter (z.B. Medizinischer Dienst) einschaltet, innerhalb von 5 Wochen. Bei geplanter Verordnung im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung muss die Entscheidung innerhalb von 3 Tagen nach Antragseingang gefällt werden.

  • Erste Voraussetzung zur Verschreibung eines cannabisbasierten Arzneimittels ist, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung entweder nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Arztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkung und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann. Weiterhin muss eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome bestehen.

  • Der Arzt muss an einer nichtinterventionellen Begleiterhebung teilnehmen und den Patienten im Voraus darüber informieren. Diese Begleiterhebung findet über einen Zeitraum von 5 Jahren statt. Das Bundesgesundheitsministerium legt fest, welche Daten ein Arzt auf welchem Weg an das BfArM übermitteln muss. Die Daten dürfen vom BfArM nur anonymisiert und ausschließlich zur wissenschaftlichen Begleiterhebung genutzt und gespeichert werden. 6 Monate nach Abschluss der 5-jährigen Begleiterhebung wird der Gemeinsame Bundesausschuss das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V regeln.

  • Ein kontrollierter Cannabisanbau soll in Deutschland organisiert werden: Es soll einen staatlich überwachten Cannabisanbau in Deutschland geben, um so besser auf den zukünftigen Bedarf reagieren zu können und nicht vollständig auf einen Import aus dem Ausland angewiesen zu sein. Bis zur Umsetzung des Anbaus in Deutschland muss der Bedarf an Cannabisblüten weiterhin durch Importe aus dem Ausland, gegenwärtig aus Kanada und den Niederlanden, gedeckt werden. Voraussetzung zur Herstellung von Medizinalcannabis ist die Umsetzung einer international verbindlichen Vorgabe aus dem Einheits-Übereinkommen von 1961 (Single Convention on Narcotic Drugs). Diese verlangt die Einrichtung einer staatlichen Stelle, die den Anbau überwacht. Diese Cannabisagentur ist verpflichtet, die produzierte Menge vollständig aufzukaufen und dann für eine medizinische Nutzung verfügbar machen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird diese Funktion wahrnehmen.

  • Patienten dürfen Cannabisblüten und Blütenextrakte wie andere Betäubungsmittel mit einer entsprechenden beglaubigten Bescheinigung für maximal 30 Tage ins Ausland mitführen, sofern das besuchte Land dies zulässt. Dies sollte im Einzelfall bei einer Botschaft oder einem Konsulat erfragt werden.

Erleichterungen für medizinische Cannabis-Therapie

Weniger Bürokratie bei der Behandlung von Schmerzpatienten

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Regeln für die ärztlich verschriebenes Cannabis als Kassenleistung festgelegt. Die bürokratischen Hürden für die Verschreibung für THC-haltige Mittel wurden verringert. Verordnen dürfen alle niedergelassenen Kassenärzte. Mit dem Update der geltenden Regeln sollen schwerkranke Patienten der Zugang zu einer weiteren Therapieption mit medizinischem Cannabis ermöglicht werden. Verordnet werden können Cannabisblüten oder Extrakte mit einem THC-Gehalt ab 0,2 Prozent. Weiterhin können auch (Rezeptur-) Arzneimittel mit den künstlich hergestellten Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon verordnet werden. Weiterhin geregelt wurde die mögliche Verordnung von Fertigarzneimitteln wie Sativex® und Canemes®. Ablehnung durch die Krankenkasse muss begründet sein !! Cannabis kann auf Rezept dann verordnet werden, wenn eine lebensbedrohliche schwere Erkrankung vorliegt oder die Lebensqualität durch eine chronische Erkrankung dauerhaft beeinträchtigt wird. Die Krankenkassen müssen die Erstverordnung genehmigen, dürfen bei vorliegenden Voraussetzungen aber nur bei begründeten Ausnahmen ablehnen. Folgeverordnungen müssen von der Krankenkasse nur dann geprüft und genehmigt werden, wenn zu einem anderen Cannabismittel gewechselt werden soll oder die Verordnungsform sich ändert.


>>Die neuen Cannabisregeln für Ärzte und Krankenkassen im Überblick - PDF (FAQ-G-BA) 


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veröffentlicht am 20.03.2023 von Redaktion krankenkasseninfo.de