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Medizinisches Cannabis im Straßenverkehr

Cannabispatienten dürfen Auto fahren

Cannabispatienten dürfen nach Angaben der Bundesregierung am Straßenverkehr teilnehmen, sofern sie aufgrund der Medikation nicht in ihrer Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sind. Die Patienten müssten also in der Lage sein, das Fahrzeug sicher zu führen, heißt es in der Antwort (18/11701) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/11485) der Fraktion Die Linke. Patienten drohe keine Sanktion gemäß dem Straßenverkehrsgesetz, "wenn Cannabis aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt". Eine Entziehung der Fahrerlaubnis sei jedoch bei missbräuchlicher Einnahme eines cannabishaltigen Medikaments möglich. Wie es in der Antwort weiter heißt, kann die Fahrtüchtigkeit auch in der Einstellungs- und Eingewöhnungsphase von cannabishaltigen Arzneimitteln beeinträchtigt sein.

Weitereführende Infos bietet die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin.

"Medikamentenklausel" des § 24a II 3 StVG

Straßenverkehrsgesetz (StVG)
§ 24a 0,5 Promille-Grenze

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

Medizinal-Cannabis: Wer wie verschrieben konsumiert, darf nicht bestraft werden!

Ein Beitrag von Michael Böhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Konstanz

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat mit Beschluss vom 22.08.2023, Az. 1 Orbs 2 SsBs 22/23 klargestellt, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen der Fahrer Cannabis wie vom Arzt verschrieben konsumiert hat und anschließend unter der berauschenden Wirkung am Straßenverkehr teilgenommen hat: Freispruch! .

Im vom Oberlandesgericht Zweibrücken zu entscheidenden Fall hatte die Bußgeldbehörde dem Betroffenen eine Geldbuße von € 1.000,00 auferlegt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Das Amtsgericht Ludwigshafen hat den Angeklagten freigesprochen, weil er wegen depressiver Störung, posttraumatischer Belastungsstörung und Schlafstörung Cannabis von seinem behandelnden Arzt verschrieben bekommen hatte. Laut Attest seien Reaktionsfähigkeit und Fahrtüchtigkeit bei stabiler Dosierung (höchstens 1g täglich) nicht eingeschränkt, sofern zwischen Konsum und Fahren mindestens drei Stunden vergangen sind.

Medikamentenklausel in § 24a Abs. 2 S. 3 StVG ist von den Behörden zu beachten

Die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war nicht erfolgreich. Das Urteil des Amtsgerichts weist für das Oberlandesgericht keine Rechtsfehler auf. Bei Anwendung der Medikamentenklausel muss sich kein Gericht mehr mit der Frage einer fahrlässigen Tatbegehung auseinandersetzen, denn verschreibungskonformer Konsum schließe die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes aus.

Verteidigungsmöglichkeiten voll ausschöpfen

Immer wieder zeichnen sich manche Ordnungsämter mit einem besonderen Verfolgungseifer aus. Hier wurde das Bußgeld in eklatant rechtswidriger Weise verhängt, weshalb schon das Amtsgericht den Betroffenen freigesprochen hat. Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat diese Entscheidung richtigerweise bestätigt.

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